- Da hub Jakob seine Füße auf, und gieng in das Land, das gegen Morgen liegt,
- Und sahe sich um, und siehe, da war ein Brunn auf dem Felde, und siehe, drey Herden Schafe lagen dabey, denn von dem Brunnen pflegten sie die Herden zu tränken, und lag ein großer Stein vor dem Loch des Brunnens.
- Und sie pflegten die Herden alle daselbst zu versammeln, und den Stein von dem Brunneloch zu wälzen, und die Schafe *zu* tränken, und thaten alsdenn den Stein wieder vor das Loch, an seine Stäte.
- Und Jakob sprach zu ihnen: Lieben Brüder, wo seid ihr her? Sie antworteten: Wir sind von Haran.
- Er sprach zu ihnen: Kennet ihr auch Laban, den Sohn Nahors? Sie antworteten: Wir kennen ihn wol.
- Er sprach: Gehet es ihm auch wohl? Sie antworteten: Es gehet ihm wohl, und siehe, da kommt seine Tochter Rahel mit den Schafen.
- Er sprach: Es ist noch hoch Tag, und ist noch nicht Zeit, das Vieh einzutreiben, tränket die Schafe, und gehet hin, und weidet sie.
- Sie antworteten: Wir können nicht, bis daß alle Herden zusammengebracht werden, und wir den Stein von des Brunnen Loch wälzen, und also die Schafe tränken.
- Als er noch mit ihnen redete, kam Rahel mit den Schafen ihres Vaters, denn sie hütete der Schafe.
- Da aber Jakob sahe Rahel, die Tochter Labans, seiner Mutter Bruders, und die Schafe Labans, seiner Mutter Bruders, trat er hinzu, und wälzte den Stein von dem Loch des Brunnen, und tränkte die Schafe Labans, seiner Mutter Bruders.
- Und küssete Rahel, und weinete laut,
- Und sagte ihr an, daß er ihres Vaters Bruder wäre, und Rebeccas Sohn. Da lief sie und sagt´s ihrem Vater an.
- Da aber Laban hörete von Jakob, seiner Schwester Sohn, lief er ihm entgegen, und herzte und küssete ihn, und führete ihn in sein Haus. Da erzählete er dem Laban alle diese Sache.
- Da sprach Laban zu ihm: Wohlan, du bist mein Bein und *mein* Fleisch. Und da er nun einen Mond lang bey ihm gewesen war,
- Sprach Laban zu Jakob: Wiewol du mein Bruder bist, solltest du mir darum umsonst dienen? Sage an, was soll dein Lohn sein?
- Laban aber hatte zwo Töchter: die älteste hieß Lea, und die jüngste Rahel.
- Aber Lea hatte ein blödes Gesicht, Rahel war hübsch und schön.
- Und Jakob gewann die Rahel lieb, und sprach: Ich will dir sieben Jahr um Rahel, deine jüngste Tochter, dienen.
- Laban antwortete: Es ist besser, ich gebe sie dir, denn einem andern; bleib bey mir.
- Also dienete Jakob um Rahel sieben Jahr, und däuchten ihn, als wären es einzelne Tage, so lieb hatte er sie.
- Und Jakob sprach zu Laban: Gieb mir nun mein Weib, denn die Zeit ist hie, daß ich beyliege.
- Da lud Laban alle Leute des Orts, und machte ein Hochzeitsmahl.
- Des Abends aber nahm er seine Tochter Lea, und brachte sie zu ihm hinein, und er lag bey ihr.
- Und Laban gab seiner Tochter Lea seine Magd Silpa zur Magd.
- Des Morgens aber, siehe, da war es Lea. Und er sprach zu Laban: Warum hast du mir das gethan? Habe ich dir nicht um Rahel gedienet? Warum hast du mich denn betrogen?
- Laban antwortete: Es ist nicht Sitte in unserm Lande, daß man die jüngste ausgebe vor der ältesten.
- Halte mit dieser die Woche aus, so will ich dir diese auch geben, um den Dienst, den du bey mir noch andere sieben Jahr dienen sollst.
- Jakob that also, und hielt die Woche aus. Da gab ihm Laban Rahel, seine Tochter, zum Weibe.
- Und gab seiner Tochter Rahel seine Magd Bilha zur Magd.
- Also lag er auch bey mit Rahel, und hatte Rahel lieber, denn Lea, und dienete bey ihm fürder die andern sieben Jahre.
- Da aber der Herr sahe, daß Lea unwerth war, machte er sie fruchtbar, und Rahel unfruchtbar.
- Und Lea ward schwanger, und gebar einen Sohn, den hieß sie Ruben, und sprach: Der Herr hat angesehen mein Elend, nun wird mich mein Mann lieb haben.
- Und ward abermal schwanger, und gebar einen Sohn, und sprach: Der Herr hat gehöret, daß ich unwerth bin, und hat mir diesen auch gegeben. Und hieß ihn Simeon.
- Abermal ward sie schwanger, und gebar einen Sohn, und sprach: Nun wird sich mein Mann wieder zu mir thun, denn ich habe ihm drey Söhne geboren. Darum hieß sie ihn Levi.
- Zum vierten ward sie schwanger, und gebar einen Sohn, und sprach: Nun will ich dem Herrn danken. Darum hieß sie ihn Juda. Und hörete auf Kinder zu gebären.
Wartburg Bibel 1842 – Auf´s Neue verglichen mit der Ausgabe letzter Hand vom Jahre 1545
