Der gute Hirte – Auslegung zu Hesekiel 34
„Wehe den Hirten Israels, die sich selbst weiden!“ (Hes 34,2) Mit diesem Ruf beginnt eines der eindrucksvollsten Kapitel des Propheten Hesekiel. Gott selbst erhebt seine Stimme gegen die schlechten Hirten seines Volkes – gegen Führer, die nicht für die ihnen Anvertrauten sorgen, sondern sich selbst bereichern. Doch mitten in dieser harten Anklage erstrahlt eine große Verheißung: Gott selbst wird der Hirte seines Volkes sein.
1. Die Anklage gegen die schlechten Hirten
Hesekiel spricht im Namen Gottes zu den „Hirten Israels“ – gemeint sind die Könige, Priester, Führer, die eigentlich Verantwortung für das Volk haben sollten. Doch statt das Volk zu schützen, „weiden sie sich selbst“.
- Sie essen das Fett und kleiden sich mit der Wolle,
- sie schlachten die Schafe,
- aber sie hüten sie nicht.
Die Schwachen werden nicht gestärkt, die Kranken nicht geheilt, die Verirrten nicht zurückgebracht. Stattdessen herrscht Gewalt und Härte.
Diese Worte haben erschreckende Aktualität. Auch heute erleben Menschen Führer – ob politisch, wirtschaftlich oder religiös –, die Macht missbrauchen, die eigene Vorteile suchen statt das Wohl der Anvertrauten. Gott sieht dieses Unrecht und schweigt nicht.
2. Gottes Gericht über die Hirten
Weil die Hirten versagen, greift Gott selbst ein: „Siehe, ich will an die Hirten und will meine Schafe von ihrer Hand fordern.“ (V. 10). Gott macht deutlich: Die Schafe gehören nicht den Hirten, sondern ihm.
Jeder, der Verantwortung trägt – in Kirche, Familie, Gesellschaft – hat diese Verantwortung nur treuhänderisch. Sie gehört letztlich Gott. Wer sie missbraucht, wird sich verantworten müssen. Das ist ein ernstes Wort für alle, die leiten, lehren, führen: Autorität ist Dienst, nicht Selbstverwirklichung.
3. Gott selbst wird der Hirte
Doch mitten im Gericht erklingt eine tröstliche Zusage: „Siehe, ich will mich meiner Herde selbst annehmen und nach ihnen sehen.“ (V. 11). Gott kündigt an, selbst der gute Hirte zu sein.
Er verheißt:
- Die Verirrten will er suchen.
- Die Vertriebenen zurückbringen.
- Die Verletzten verbinden.
- Die Schwachen stärken.
- Die Fetten und Starken aber richten.
Hier zeigt sich Gottes Herz: Er ist kein ferner Richter, sondern ein fürsorglicher Hirte. Seine Leidenschaft gilt den Schwachen, den Zerstreuten, den Vergessenen.
4. Das Bild der Weide
Gott verspricht, seine Herde auf „guter Weide“ zu führen, an „reichlichem Wasser“ zu tränken (V. 13–14). Die Weide ist ein Bild für Leben in Fülle, für Versorgung, Ruhe und Frieden.
Dieses Bild erinnert an Psalm 23: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“ Und es verweist auf die endgültige Vollendung in Offenbarung 7, wo das Lamm die Seinen weidet und sie zu lebendigem Wasser führt. Für uns heute bedeutet das: Gott möchte, dass unser Leben nicht aus Mangel, sondern aus Fülle heraus geschieht – aus seiner Nähe, seinem Wort, seiner Liebe.
5. Gott richtet zwischen Schaf und Schaf
Ab Vers 17 kommt ein überraschender Gedanke: Gott richtet nicht nur über die Hirten, sondern auch „zwischen Schaf und Schaf“. Denn auch in der Herde gibt es Ungerechtigkeit: Starke, die die Schwachen verdrängen, die das Wasser trüben, die anderen die Weide wegfressen.
Das ist hochaktuell: Nicht nur Führer können versagen, auch wir als Teil der Gemeinschaft können uns rücksichtslos verhalten. Wo wir auf Kosten anderer leben, wo wir uns durchsetzen, ohne die Schwachen zu beachten, da braucht es Gottes gerechtes Richten.
6. Der verheißene Hirte – der Messias
Der Höhepunkt von Hesekiel 34 ist die Verheißung eines kommenden Hirten: „Und ich will über sie einen einzigen Hirten erwecken, der sie weiden soll, nämlich meinen Knecht David.“ (V. 23).
Obwohl David längst tot ist, verheißt Gott einen „Davidischen Hirten“ – einen Messias aus dem Haus Davids. Dieser Hirte wird die Herde wirklich führen, im Namen Gottes, in Gerechtigkeit und Frieden.
Im Neuen Testament erfüllt sich diese Verheißung in Jesus Christus. Er sagt von sich: „Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.“ (Joh 10,11). Damit macht Jesus deutlich: Was Hesekiel ankündigte, ist in ihm Wirklichkeit.
7. Christus – der gute Hirte
Jesus unterscheidet sich von den falschen Hirten:
- Er sucht die Verlorenen (Lk 15).
- Er stärkt die Schwachen.
- Er trägt die Last der Schuld.
- Er gibt sein Leben, damit die Schafe leben.
Sein Hirtenamt ist nicht von Machtgier, sondern von Liebe geprägt. In Christus zeigt sich Gott als der Hirte, der tatsächlich mitten unter seiner Herde lebt. Für uns bedeutet das: Wir dürfen in seiner Fürsorge geborgen sein. Niemand kann uns aus seiner Hand reißen (Joh 10,28).
8. Eine Botschaft für heute
Hesekiel 34 spricht in unsere Gegenwart:
- Für Leiter und Verantwortliche: Echte Führung ist Dienst. Wer Macht missbraucht, steht unter Gottes Gericht.
- Für die Schwachen und Suchenden: Gott selbst kümmert sich um dich. Er sieht dich, er holt dich zurück, er heilt dich.
- Für die Gemeinschaft: Auch wir als „Schafe“ tragen Verantwortung, rücksichtsvoll miteinander umzugehen.
- Für alle Gläubigen: In Christus haben wir den guten Hirten, der uns nicht im Stich lässt.
9. Bund des Friedens
Am Ende des Kapitels verheißt Gott einen „Bund des Friedens“ (V. 25). In diesem Bund wird die Schöpfung erneuert, das Böse gebannt, die Herde in Sicherheit wohnen.
Dieser Bund erfüllt sich in Jesus Christus, der uns Frieden schenkt mit Gott und untereinander. Schon jetzt dürfen wir in diesem Frieden leben, auch wenn seine Vollendung noch aussteht.
10. Ausblick – die ewige Weide
Die Bibel endet mit dem Bild des neuen Jerusalems, wo Gott mitten bei seinem Volk wohnt. Dort gibt es keine Tränen, keinen Tod, kein Leid mehr. Dort wird der gute Hirte sein Volk endgültig in die vollkommene Weide führen.
Hesekiel 34 weist uns also nicht nur zurück in die Zeit Israels, sondern nach vorne auf die große Hoffnung: Gott selbst ist unser Hirte – jetzt und in Ewigkeit.
Schlussgedanke
Hesekiel 34 ist ein Kapitel voller Ernst und voller Trost. Es warnt vor selbstsüchtiger Führung, es deckt Ungerechtigkeit auf, aber es schenkt zugleich die große Zusage: Gott selbst nimmt sich seiner Herde an. In Jesus Christus ist diese Zusage wahr geworden.
Darum dürfen wir heute mit Zuversicht leben und beten:
„Herr Jesus Christus, guter Hirte, suche mich, wenn ich mich verliere; stärke mich, wenn ich schwach bin; leite mich auf deiner Weide, bis ich bei dir in Ewigkeit geborgen bin.“
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